Ich wollte an dieser Stelle eigentlich einige Gedichte
von mir zu lesen geben, aber die permanenten Meldungen über mögliche oder
unmittelbar bevorstehende militärische Eingriffe des Westens in Syrien
versetzten mich in große Unruhe – es kann doch nicht sein, dass eine westliche
Großmacht schon wieder ein Desaster im vorderen Orient produziert, das viele Menschenleben
kostet und dessen Ausgang noch ungewisser ist als in Ägypten, Libyen , Irak,
Afghanistan. Nach all den Erfahrungen kann es doch nicht sein, dass ein
politisches (und militärisches) Ziel lediglich heißen kann: Assad muss weg! ohne
zu bedenken, was denn danach kommt in dem Land, in dem jetzt schon große Teile
der Bevölkerung Angst um ihre Existenz haben müssen wie z.B. die christlichen Bevölkerungsteile.
Mit der Formulierung einer „roten Linie“, die nicht überschritten werden dürfe, nämlich der Einsatz von Giftgas, hat der US-amerikanische Präsident eine fatale Militärlogik ins Feld gesetzt, deren Brisanz von nur wenigen öffentlich ausgesprochen wird: Wenn Giftgas eingesetzt wird, wer hat es dann getan?
Für die US-Regierung und den englischen Ministerpräsidenten, der inzwischen vom Parlament zurückgepfiffen wurde, schien das klar zu sein – Beweise stammen natürlich aus den berüchtigten Geheimdiensten und können deshalb nicht offen gelegt werden.
Ich freute mich deshalb, auf dieses Interview des Darmstädter Echo mit Günter Meyer, Professor an der Gutenberg-Universität in Mainz, gestoßen zu sein, das ich hiermit auch anderen zu lesen empfehle:
Mit der Formulierung einer „roten Linie“, die nicht überschritten werden dürfe, nämlich der Einsatz von Giftgas, hat der US-amerikanische Präsident eine fatale Militärlogik ins Feld gesetzt, deren Brisanz von nur wenigen öffentlich ausgesprochen wird: Wenn Giftgas eingesetzt wird, wer hat es dann getan?
Für die US-Regierung und den englischen Ministerpräsidenten, der inzwischen vom Parlament zurückgepfiffen wurde, schien das klar zu sein – Beweise stammen natürlich aus den berüchtigten Geheimdiensten und können deshalb nicht offen gelegt werden.
Ich freute mich deshalb, auf dieses Interview des Darmstädter Echo mit Günter Meyer, Professor an der Gutenberg-Universität in Mainz, gestoßen zu sein, das ich hiermit auch anderen zu lesen empfehle:
Wer steckt hinter dem Giftgas-Einsatz in Syrien?
Aus dem Newsletter
Echo online vom 30.8.13
Nahost-Experte Günter Meyer
vermutet, dass nicht Soldaten Assads, sondern Dschihadisten für den Massenmord
der vergangenen Woche verantwortlich sind
Spurensuche
in Syrien: Die Giftgas-Experten der UNO bei ihrer schwierigen Arbeit.
Einige
hundert, möglicherweise sogar mehr als tausend Menschen sind vergangene Woche
bei einem Giftgas-Angriff in Vororten der syrischen Hauptstadt Damaskus um
Leben gekommen. Die US-Regierung beschuldigt das Assad-Regime der Täterschaft.
Doch Nahost-Experte Günter Meyer warnt: Es könnte sich um eine Inszenierung der
Rebellen handeln.
ECHO: Herr
Meyer, sind Sie ein Fan von Verschwörungstheorien?
Günter
Meyer: Nein.
ECHO: Ihre
Vorstellung, die Rebellen könnten hinter dem Giftgas-Einsatz vom 21. August
stecken, klingt wie eine.
Meyer: Was
wir im Augenblick in Syrien erleben, ähnelt der Situation vor dem Einmarsch der
Amerikaner in Irak 2003. Es werden Beweise fabriziert, um Präsident Barack
Obama eine Rechtfertigung zu liefern, die ihm eine Intervention in Syrien
ermöglicht.
ECHO: Sie
glauben nicht, dass das Regime von Baschar al-Assad hinter dem Giftgas-Einsatz
steckt?
Meyer: Bei
jedem Verbrechen muss man sich fragen: Wer hat den Nutzen davon? Das
Assad-Regime ist an allen Fronten auf dem Vormarsch. Es hat große militärische
Erfolge zu verzeichnen mit konventionellen Waffen. Die Aufständischen sind
überall auf dem Rückzug. Das heißt, in dieser Situation einen Massenmord mit
Chemiewaffen zu inszenieren – noch dazu, wenn gerade die Beobachterkommission
der Vereinten Nationen parat steht in einer Entfernung von wenigen Kilometern
–, das kann absolut nicht im Interesse des Regimes sein. Es weiß genau, wenn es
Chemiewaffen einsetzt, dann ist Obamas „rote Linie“ überschritten. Wenn die USA
ihre Glaubwürdigkeit als weltpolitische Ordnungsmacht nicht verlieren wollen,
haben sie keine andere Wahl, als ihren Worten Taten folgen zu lassen und
deshalb militärisch zu intervenieren. Eine solche Provokation der größten
Militärmacht der Welt kann nicht in Assads Interesse sein.
ECHO: Aber
warum hat Syrien die Inspektoren der UNO dann nicht gleich an den Tatort
gelassen?
Meyer: Die UNO-Kommission ist nicht im Lande, um festzustellen, wer Chemiewaffen eingesetzt hat, sondern nur, ob diese eingesetzt wurden. Und das ist ja mittlerweile unstrittig. Von daher bringt das Ganze überhaupt nichts. Hinzu kommt, dass Sicherheitszusagen für die Mitglieder der UNO-Kommission außerordentlich problematisch sind. Ein Teil der Kommission wurde beschossen, und auch hier geben sich beide Seiten jeweils die Schuld.
Meyer: Die UNO-Kommission ist nicht im Lande, um festzustellen, wer Chemiewaffen eingesetzt hat, sondern nur, ob diese eingesetzt wurden. Und das ist ja mittlerweile unstrittig. Von daher bringt das Ganze überhaupt nichts. Hinzu kommt, dass Sicherheitszusagen für die Mitglieder der UNO-Kommission außerordentlich problematisch sind. Ein Teil der Kommission wurde beschossen, und auch hier geben sich beide Seiten jeweils die Schuld.
ECHO: Ihrer
Meinung nach haben nur die Rebellen ein Interesse an dem Giftgas-Einsatz.
Meyer: Der
erste große Angriff mit Chemiewaffen und 29 Toten hat am 19. März stattgefunden
in Khan al-Assal nahe Aleppo. In diesem Ort leben nur Schiiten, die
mehrheitlich aufseiten des Regimes stehen. Der Ort wurde kontrolliert von der
syrischen Regierung. Unter den Toten sind etliche Soldaten. Es macht aus Sicht
der Regierung nicht den geringsten Sinn, dort Chemiewaffen einzusetzen. Es ist
deshalb offensichtlich, dass nur sunnitische Dschihadisten die Angreifer
gewesen sein können.
ECHO: Was
sind dafür Ihre Quellen?
Meyer: Der
britische „Guardian“ hat zum Beispiel recherchiert, dass die Rakete auf Khan
al-Assal aus einem Ort nahe der türkischen Grenze abgefeuert wurde. Dieser ist
unter der Kontrolle der islamistischen Al-Nusra-Front, also der Dschihadisten.
ECHO: Warum
wurde dieser Anschlag damals nicht von den Vereinten Nationen untersucht?
Meyer: Die
syrische Regierung hatte die UNO dazu aufgefordert, schnellstmöglich Beobachter
zu schicken. Es waren die USA, England und Frankreich, die in der UNO durchgesetzt
haben, dass nicht einfach eine Kommission nach Syrien geschickt wurde.
Stattdessen hat man unerfüllbare Forderungen an das Regime gestellt – etwa den
Zugang zu allen Landesteilen. Das hätte aus Sicht von Assad also nicht mehr nur
die Untersuchung des Vorfalls bedeutet, sondern quasi Spionagetätigkeiten.
ECHO: Das
syrische Militär besitzt aber doch Chemiewaffen.
Meyer: Das hat Baschar al-Assad nie abgestritten. Sie dienen nach seiner Darstellung zur Abwehr eines israelischen Angriffs. Diese chemischen Kampfstoffe werden bewacht von alawitischen Elitetruppen. Es kann ausgeschlossen werden, dass Chemiewaffen aus diesen Beständen eingesetzt wurden. Dagegen haben wenige Wochen später türkische Polizisten eine Gruppe von syrischen Dschihadisten verhaftet, die einen Behälter mit dem Giftgas Sarin bei sich hatte.
Meyer: Das hat Baschar al-Assad nie abgestritten. Sie dienen nach seiner Darstellung zur Abwehr eines israelischen Angriffs. Diese chemischen Kampfstoffe werden bewacht von alawitischen Elitetruppen. Es kann ausgeschlossen werden, dass Chemiewaffen aus diesen Beständen eingesetzt wurden. Dagegen haben wenige Wochen später türkische Polizisten eine Gruppe von syrischen Dschihadisten verhaftet, die einen Behälter mit dem Giftgas Sarin bei sich hatte.
ECHO: Sie
gehen davon aus, dass die Rebellen die Logistik für einen Giftgas-Angriff
haben?
Meyer: Ja.
Dafür braucht man nur ein paar Dutzend Leute, und die erforderliche Ausrüstung
kann problemlos ins Land gebracht werden. Es gab bereits wenige Wochen, nachdem
Obama seine „rote Linie“ gezogen hat, Berichte in arabischen Medien, dass ein
Giftgas-Einsatz von Saudi-Arabien geplant wird, um ihn der syrischen Regierung
in die Schuhe zu schieben. Und es gibt weitere Medienberichte vom Januar über
die Planung eines von Katar zu finanzierenden Giftgas-Einsatzes, für den
ebenfalls das Assad-Regime verantwortlich gemacht werden sollte. Das sind alles
keine klaren Belege und könnte durchaus als Verschwörungstheorie abgetan werden
– es zeigt aber, dass über eine solche Inszenierung schon lange diskutiert
wird.
ECHO: Wer
also steckt hinter dem Giftgas vom 21. August?
Meyer: Wir
reden hier nicht von Mitgliedern der Freien Syrischen Armee, sondern von
Dschihadisten, die im Ausland für solche Einsätze ausgebildet wurden –
möglicherweise in Saudi-Arabien oder Katar. Sie nehmen einige tausend Tote in
Kauf, um dadurch den Kriegsverlauf entscheidend zu ändern und das Regime zu
stürzen.