Es
war ja insgesamt eine lange abwechslungsreiche Fahrt: sieben verschiedene
Betten und fünf Zeltplätze, also doch häufiges Wechseln und doch so lange
jeweils verweilen, dass wir die neuen Orte und Städte und Gegenden wirklich „erfahren“ konnten.
Mi.
20.4.11
Athen, Akropolismuseum, der Blonde Kopf, um 480 v.Chr. |
Dann hier im Haus: Gestern
waren wir beim Schreiner Grün in Lorsch, der uns neue Holzfenster machen soll –
wenn ich hier am Küchentisch sitze und den Autoverkehr höre und die Güterzüge,
die die Vogelstimmen fast ganz übertönen, merke ich, wie notwendig es ist, neue
Fenster machen zu lassen – aber damit kommt viel Arbeit auf mich zu und auch
die Sorge um das viele Geld, das zu beschaffen ist.
Dann die Reise nach
Griechenland – ich habe das Gefühl, dass wir das nie mehr in dieser Weise auf
uns nehmen werden. Vor allem der Abschnitt durch die uns völlig unbekannten
Länder Ungarn, Serbien, Skopje-Makedonien macht mir Sorgen, statt meine Neugier
zu wecken. Was machen wir, wenn irgendwas passiert, ein Unfall, Diebstahl o.ä.?
Darauf sind wir so wenig innerlich und informativ vorbereitet. Es wäre schön, wenn
ich noch meinen Halt hätte, das Bewusstsein, schreiben zu können, meine innere
Welt dagegen halten zu können – aber gerade diese Kraft scheint mir immer mehr
zu schwinden in den vielen Beschäftigungen des Alltags: heute Morgen waren wir
nach Darmstadt gefahren, um in „Kleine Fluchten“ einen Ersatz für unsere alte
undichte Doppel-Luftmatratze zu kaufen – ob diese selbst-aufblasenden Matten,
die wir gekauft haben, gut sind? Auf dem Rückweg waren wir schnell noch
einkaufen, dann Essen zubereiten und essen, danach mit dem Rad nach Lorsch zur
Schreinerwerkstatt. Wir hatten ein so gutes Gefühl dabei, dass wir hinterher,
um die gelungene Bestellung der Fenster zu feiern, vor der Klosterhalle einen
Cappuccino tranken, dann fuhren wir noch bis zur Weschnitzinsel – sehr schön
immer wieder das Fahren durch die Landschaft. Als wir zu Hause waren, wurde
Hille von Angelika abgeholt; ich hatte ein längeres Gespräch mit Fritz Kilthau,
weil demnächst die Nachkommen des Polen Josef Chabera kommen, einer von den 22,
die auf dem Friedhof in Auerbach auf dem Grabstein genannt sind. Danach
bestellte ich ein Hotel in Leipzig für die Schulanfangsfeier Anouks im August.
Im Garten schaufelte ich etwas
vom Kompost weg – die neuen Holzwände der Komposthaufen habe ich letzte Woche
schon fertig gemacht, jetzt muss der Rest des alten Kompost, den wir ja immer
als Hügelbeet nutzen, noch gesiebt und im Garten verteilt, dann der neue
umgesetzt werden. Alles blüht wunderbar, aber es sind auch schon die ersten
Schäden an den Rosen zu sehen und dann die Trockenheit; die Vorräte aus den
Fässern und der Zisterne sind schon fast aufgebraucht, dann müssen wir
wertvolles Trinkwasser zum Gießen nehmen – und wie wird das, wenn wir fünf
Wochen weg fahren. Ich muss wohl Manches einfach leichter nehmen.
Belgrad, Mi 11.5.11
Die Einfahrt gestern hier in
die Stadt nachmittags gegen 18.00 war die Hölle. Von Wien aus waren wir mit
unserem neuen Navigationsgerät sehr gut raus gekommen, dann: viel flaches Land,
an Budapest vorbei, an der serbischen Grenze etwas Geld gewechselt und irgendwo
mal einen Espresso gewagt. Schwierig wurde es erst hier, als wir ohne richtigen
Plan, ohne Navi und ohne Verkehrsschilder auf eine breite Straße gelangten und
drei- oder vierspurig fuhren und standen und fuhren und standen, bis wir nach
einer halben Stunde beschlossen, uns Gewissheit zu verschaffen und uns
vorsichtig geduldig von der linken Spur nach rechts schafften und bei einem
Hochhauskomplex ausscherten, um dort Leute zu fragen. Das ging auch gut, mit
netten Leuten, die uns auf Englisch erklärten, dass wir schon ganz richtig waren, wir müssten nur weiter
auf der Brankov Most bis über die Sava fahren, dann könnten wir links in die
Altstadt abbiegen, wo unser Hotel lag; nach mehrmaligem Fragen fanden wir auch
dorthin; auf meine Bestellung hin hatten sie sogar einen Parkplatz in der Uliza
Kralja Petra vor unserem Hotel „Royal“ reserviert. Uff, das war überstanden.
Wenn ich zurück schaute: Die
Zufahrt nach Wien war auch schon schwierig gewesen, mehr als eine Stunde im
Stau: Ein LKW war dort irgendwo ganz ausgebrannt; danach wurde dauernd ein
Geisterfahrer gemeldet. In der Stadt wurden wir vom Navi prompt zur Pension
Vera in der Alser Straße geführt. Abends trafen wir Martin, der uns durch den
Burggarten führte und nach längerem Spaziergang in seinen geschätzten
„Palmengarten“ zum Essen einlud. Auch am Sonntag ins Kunsthistorische Museum
begleitete er uns; abends in der Pizzeria konnten wir ihn schließlich auch
einmal einladen. Montags trafen wir Walter, wie üblich im Café Demel am
Kohlmarkt; vorher waren wir im Jüdischen Museum am „Judenplatz“. Walter
erzählte von seinem Vortrag in Köln und in Zürich über den Container und seine
Bedeutung in der Architektur – mir fiel dabei die Vorlesung von Hubala über
moderne Architektur ein.
Belgrad Kathedrale des hl.Sava |
16.5.11 Sithonía, Kalamitsi
Bucht von Kalamitsi, Blick auf den Athos |
Thessaloniki, Blick von der Dachterrasse des "Pella" |
Die drei Tage dort in der großen
Stadt vergingen sehr rasch: einige interessante Kirchen, die bis in die
frühchristliche Zeit reichen, vor allem die „Rotunde“, die äußerlich an das
Pantheon erinnert. Über die alten Märkte zu gehen, war morgens unser Vergnügen.
Beeindruckend war dann der Besuch des Jüdischen Museums; wir wussten bisher
nicht, dass hier bis 1943 die größte jüdische Gemeinde in Europa war, deren
Einwohnerzahl die der christlichen Bevölkerung Salonikis zeitweise überstieg.
Zweimal arbeiteten wir uns zum „Kastro“ hoch, schließlich gingen wir auch durch
das berühmt berüchtigte Gefängnis, das wir aus einem Lied als „Jedi“ kennen,
allerdings deutete nichts auf die furchtbaren Ereignisse in der Zeit der
Diktatur 1967-74 hin – in dieser Hinsicht, denke ich, sind wir in Deutschland
doch etwas weiter, was die Aufarbeitung und Darstellung der schlimmen
Vergangenheit vor Ort betrifft.
Schön waren jeden Abend die
Spaziergänge an der Strandpromenade.