Als ich Zeit hatte,
das heißt nach meiner Pensionierung,
gab ich den ersten Teil meiner Tagebücher,
von 1962 - 1968, als Buch heraus
und schenkte es an Freunde.
Hier nun das dritte, vierte und fünfte der "blauen Bücher"
Hier nun das dritte, vierte und fünfte der "blauen Bücher"
III(Schluss)
24.XI. 63
Meteor
Vom roten Leib des Eins
gelöst, entbunden in Wehen
getrennt vom Herde des Scheins
umher ins Dämmern gehen
Das Bild der Lichtung fern
bist du im Ganzen
27.XI. 63
<Et La Bruyère nous dit que c'est tout: Être près des gens qu'on aime, leur parler point, tout est égal. - Il a raison; c'est le seul bonheur, ajouta M. de Scharlus d'une voix mélancolique; et ce bonheur-là, hélas, la vie est si mal arrangée qu'on le goûte bien rarement; Mme de Sévigné a été en somme moins à plaindre que d'autres. Elle a passé une grande partie de sa vie auprès de ce qu'elle aimait.
- Tu oublies que c'était pas de l'amour, c'était de sa fille qu'il s'agissait.
- Mais l'important dans la vie n'est pas ce qu'on aime, reprit-il d'un ton compétent, péremptoire être presque tranchant, c'est d'aimer. Ce que ressentait Mme de Sévigné pour sa fille peut prétendre beaucoup plus justement ressembler à la passion que Racine dépeinte dans Andromaque ou dans Phèdre, que les banales relations que le jeune Sévigné avait avec ses maîtresses. De même, l'amour de tel mystique pour son Dieu. Les démarcations trop étroites que nous traçons autour de l'amour viennent seulement de notre grande ignorance de la vie.>
M.Proust, A l'ombre des jeunes filles en fleurs (76)
Das Gefühl, dass du um mich bist, als geschlossene Landschaft, als Mensch - als Musik - und dann Deine greifbare Form im Relief des Halbmondes.
Tagmond
In Deinem Kreis bin ich
Du auch im kalten Blau
ein Halbmond nicht genau
ein weicher Bug in sich
oh alle Skalen des Rot
Nicht Mitte - überall du
in jeder Rundung ein Boot
verwandelt weiß was rot
ist Mond und Welt und Du.
1.1.64
Am Aktentisch
Da hab ich den ganzen Tag dekretiert
Und es hätte mich fast wie so manchen verführt:
Ich spürte das kleine dumme Vergnügen
Was abzumachen, was fertigzukriegen.
Th.Storm
im Zug, 5.1.64
Liegende (Detail)
Ein steiler Flug im Arm
dann Wende jäh zurück -
ein Hieroglyph von Glück
verborgene Oase der Föhren
Ausgleiten, heimliche Küste
der Ruhe mit fernen Chören -
Kreis vor den Wellen der Brüste
7.I.64
Er wehte sich über die Stirn: Am Abend, als ich ausging, schien ich mir noch des Schmerzes wert. Nun mag ich unter Farren liegen, die Stämme anschielen und überall die Fläche sehen. Rönne
IV
17.1.64
Faust
<Je respire et je vois ... Mais ce qu'il y a peut-être de plus présent dans la présence, c'est ceci: Je touche ... (Il frappe le bras du banc sur lequel il est assis.) Et d'un seul coup, je trouve et je crée le réel ... Ma main se sent touchée aussi bien qu'elle touche. Réel veut dire cela. Et rien de plus.>
Lust (derrière lui, à demi voix)
<Il parle, et je parle; et nos paroles ne s'échangent point. Et cependant, il ne se peut qu'il n'y ait entre ce qu'il ressent et ce que je sens moi- même une ressemblance ... vivante. L'heure est trop mûre, trop chargée des fruits mûrs d'un jour de pleine splendeur pour qu'il se puisse que deux êtres, même si différents, ne soient pas mêmement à bout de leur résistance à la force des choses ... Mêmement.
Paul Valéry
carmen supinum (Sidonius Apollinaris, Ep.IX 4)
<Roma tibi subito motibus ibit amor>
30. I
Nachts
Mond - immer wieder,
rot oder kalt
auch Insel immer wieder
Meer und Basalt
in den Deichen geheim
der Stille und jedes in Lieder
aus Mond und aus Reim
Der Mensch vergisst die Sorgen aus dem Geiste,
Der Frühling aber blüht.
Fr.Hölderlin
Da ich ein Knabe war,
Rettet' ein Gott mich oft
Vom Geschrei und der Rute der Menschen,
Da spielt ich sicher und gut
Mit den Blumen des Hains,
Und die Lüftchen des Himmels
Spielten mit mir.
Fr.Hölderlin
München, 24.II.64
Nachgeben: nicht fliehen, sich den überschweren, nichtigen Eindrücken durch Abreise entziehen, sondern durchhalten, supporter, wie die Caryatide tombée, sich unter dem Druck des Außen auf letzten inneren Zusammenbruch zurückziehen und so aushalten, unpathetisch - ernst. Es hilft mir ein wenig, jetzt Rilke in mir zu haben, so tief in mir, so abgedrängt und durch das lange Schweigen versickert, dass er schon anonym wird. Einiges ziehe ich wieder hervor aus seiner Biographie, so besonders das Pariserlebnis, das ihm zuerst so unerträglich war. Irgendwo ist eine Gemeinsamkeit, die mich beruhigt, trotz der sehr großen Verschiedenheit. Allein das Gefühl, dass er und auch einige andere (Hölderlin besonders) ausgehalten haben, gibt mir ein wenig Kraft - dann aber auch: Du. Als ich wegfuhr, heute Morgen von Bonn, kamst Du mir immer näher, je weiter ich fuhr. Ich habe keine Photos mitgenommen, sie stellen Dich zu sehr nach außen; aber ich habe Briefe mitgenommen und wenn ich die Schrift sehe und einige Sätze - ganz beliebige - lese, bist Du in mir lebendig. Dann habe ich Dich so lieb und Du bist mir so nötig und Du wirst es noch weiter sein (obwohl das für mich so gefährlich ist). Ich möchte, dass Du mich "groß" siehst, auf meine eigentümliche Art groß, und dass ich Dir etwas bedeute.
Sage deinem Herzen, dass man vergebens den Frieden außer sich suche, wenn man ihn nicht sich selbst giebt.
Hölderlin, Hyperion-Fragment
Hölderlin, Hyperion-Fragment
Bonn, 1.3.64
Enharmonik
Rhythmen des Wahns enorm
geballt in den Nachtgewalten -
und irgendwo doch, verhalten
Möwen, schwer wie bei Storm.
Endlos weben die Schauer
jeden Laut monoton
ins Grau und auch, nicht genauer:
Unendlicher Rausch im Flug
durch Skalen der Erde, ohne
Schwere verhallt und Bug.
Zitronen hart um Storm
und Strom verdichtet klingen
metallen kalt und singen
hinauf den Saft in der Form.