Ciao!

Ich freue mich, dass Sie meine Seite gefunden haben.
Ob sie beim Lesen Freude macht, weiß ich nicht,
es kommt darauf an.
Ich wünsche jedenfalls ein erholsames Betrachten.
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Ἦρος ἄγγελος ἱμερόφωνος ἀήδων
Sappho 6.Jh.v.Chr. (Des Frühlings Botin mit sehnsuchtsvoller Stimme die Nachtigall)

Dienstag, 14. Dezember 2010

Winterlandschaft

Mit beiden Händen
den Brustkorb pressen
die hängenden Flügel der Lunge
heraus schaffen schreien schleudern
       tief eingreifende Töne
        das  heimliche Wort
durch das trübe Dickicht des Unterholzes
   durch die kalten Winde über den Schnee
      durch die blauen Schleier der Gesichter
                  ins Freie
                  in die wärmende Sonne.
                  Gegenstände erscheinen
Wie kann ich denn leben?
    - Schritt für Schritt
    -  Ausatmen, Einatmen
durch kommen.
                                                                      Johannes Keiner

Donnerstag, 2. Dezember 2010

Firenze - Venezia. Reisetagebuch

VI                                           Basel, 7.IX.64

Le soir de l'arrivée dans la <Heuwaage>, je suis heureux - malgré une chambre insupportablement chère; cela doit être insignifiant (en certain sens!) - je suis heureux parce que je suis rentré <chez moi> après cette vaste excursion « in die Heimat », pas cependant sans aucune importance, il faut trouver ses richesses - ce sont celles du monde - partout, ramasser les images, exercer ses forces, vivre toujours. Mais  la liberté de travailler  y manquait - on ne peut pas du tout faire des limites entre les forces de l'âme et du corps - maintenant il faut retrouver l'état d'été, le balancement des forces selon l'ordre naturel du moi.

                                               Firenze, 11.IX.64
Ich komme doch nicht so leicht zu mir. Ich gehe fast ganz auf und alles tritt bei mir ein, stark oft wie z.B. gestern der Leonardo, Anbetung der Könige, als ich fast unversehens davor stand und in wenigen Minuten voll war, so dass ich nichts anderes mehr hätte sehen dürfen. Aber ich spüre nichts davon, es ist alles irgendwohin verschwunden, wenn auch nicht verloren, hoffe ich, aber im Augenblick hilft mir nichts von innen her und es ist  schlimm, immer so schnell müde zu sein.

                                               11.IX.64
Immer versöhnlich sprechen klar
oder nächtlich nahe und lieber
die Worte des Himmels über
die Stirne klingen wunderbar

von der reinen Flöte des Horizont
auch in die Bogen fallen nieder
der Erde  führen die harte Front
gütig der Stadt in die Schicht dir der Lieder. 
                                              


                                               Samstags 12.IX.64
Denn über die Erde wandeln
Gewaltige Mächte,
Und es ergreifet ihr Schicksal
Den der es leidet und zusieht,

Denn alles fassen muß
Ein Halbgott oder ein Mensch, dem Leiden nach,
Indem er höret, allein, oder selber
Verwandelt wird, fernahnend die Rosse des Herrn.
                                               Hölderlin

                                               sonntags,13.IX.64
Es müsste doch möglich sein, mit sich selbst ins Reine zu kommen, ein ungefähres Gleichgewicht zu finden. Manchmal geht es unversehens im Sturm, überglücklich, so zu sein wie ich bin, in allem; dann aber schleppt man sich Stunden hindurch mit der Frage: Was ist denn nun mit mir? Das müsste ich doch nun wissen - aber was hilft es zu wissen! - und ruhig darüber sein, ruhig, und nach außen mich wenden. Dort wird viel Kraft erfordert, es ist so schwer hier das meiste; sicher, einiges wirkt ein gutes Stück weit von selbst, einige Alleen im Giardino di Boboli, einige Bilder und Plastiken, die Landschaft, besonders die Zypressen, diese <innige> Form, aber auch das hilft mir, wenn es darauf ankommt, nicht, man kann nicht leben davon. Ich müsste an etwas arbeiten können, nicht weil es hier besonders günstig wäre, sondern weil es Halt gäbe, aber solange nichts ins Wirkliche - ins Menschliche - durchdringt, ist auch das nicht möglich.
       Il faut avoir patience, toujours.

Du entfernst dich von mir, du Stunde,
Wunden schlägt mir dein Flügelschlag.
Allein: was soll ich mit meinem Munde?
mit meiner Nacht? mit meinem Tag?
Ich habe keine Geliebte, kein Haus,
keine Stelle, auf der ich lebe,
Alle Dinge, an die ich mich gebe,
werden reich und geben mich aus.      
  Rilke

Immer hilfreich ist Rilke, wenn man zu ihm geht. Ich kann ja nicht mehr in seinem Atelier arbeiten, da ich mein eigenes, ganz anderes habe. Aber ein Besuch ist immer aufbauend.

continua!       weiter:    firenze-venezia-diario


Mittwoch, 24. November 2010

diario II



Als ich Zeit hatte, 
das heißt nach meiner Pensionierung, 
gab ich den ersten Teil meiner Tagebücher, 
von 1962 - 1968, als Buch heraus 
und schenkte es an Freunde.
Hier nun das zweite der "blauen Bücher"

II

                             Bonn, Hotel Hennöfer, 18.10.62
 "Es war seine (Baudelaire) Aufgabe, in diesem Schrecklichen, scheinbar nur Widerwärtigen das Seiende zu sehen, das mitten unter allem Seienden gilt. Auswahl und Ablehnung gibt es nicht."                        Rilke, Malte S. 81

                                                             19.10.62

"Er besaß die Kraft derjenigen, auf die ein großes Werk wartet, die schweigsame Ausdauer derer, die notwendig sind."
                                                                   Rilke, Rodin 15
"Und kamen Zweifel, kamen Ungewißheiten, kam die große Ungeduld der Werdenden zu ihm, die Furcht der täglichen Not, so fand das alles in ihm schon einen stillen, aufrechten Widerstand, einen Trotz, eine Stärke und Zuversicht, alle die noch nicht entfalteten Fahnen eines großen Sieges."                    
                                                          Rilke, Rodin 19

                                                20.10.62

                 Jetzt -
                 zwischen zwei Nichtse
                 eingekrümmt,
                 ein Fragezeichen,
                 ein müdes Rätsel -
                 ein Rätsel für Raubvögel...
                                Friedrich Nietzsche

                                         sonntagmorgens, 21.10.62
        Feuilles d'automne
                    I
Aus den gilbenden Kastanien
steigt das reine Blau,
das über den Rändern des Rondells
sich stählern weitet
wie ein Segel sich in Tiefen spannt
unendlich tief,
auch in dem Rahmen des Rondells
unendlich.
                                                
Gläsern klingt es drüber hin
von gleißendem Licht
und innen steht ein Wind
frostig wie Kristall,
der Blaues bis zur Erde zieht
und manchmal braune Blätter
mit sich bringt, die sorglos
in dem tiefen Blau zur Erde segeln.
                                          
                                              Spätnachmittag, 24.10.62

Ist Schmerz, sobald an eine neue Schicht
die Pflugschar reicht, die sicher eingesetzte,
ist Schmerz nicht gut? Und welches ist der letzte,
der uns in allen Schmerzen unterbricht?
                              Rilke,Späte Gedichte 145

                     II
Seltsames geht am Himmel hin,
über das bleiche Milchglas eines Fensters
schiebt sich Grau und Schwarzes.
Seidenfäden weben nieder
spinnen ferne Hügelkuppen ein.
Gelbe Blätter zittern leis
im kalten Wind, der unten
totes Laub verfolgt
Schwarze Wellen enden müde
im Geröll das grünt.
Möwen fliegen drüber hin.

   25.10.62
             III                                 
                                              
Nun, da Herbst fällt,
zeigt sich, dass im Innern
grüner Tempel Schwarzes war,
verborgen in dem reichlichen  
            Gewand,
das gilbt und abnutzt -
transparent.

Nun stehen schwarze Stämme auf
wie längst vergrabene Gebeine.
Sie tragen gelben Zierrat,
der zur Erde zeigt
und Graues durchlässt.
                                                
"Auch ist man nie näher an einer 'Wendung', als wenn sich das Dasein, bis ins Kleinste und Täglichste hinein, für 'unerträglich` ausgibt - gerade dann noch eine Weile zu warten, müßte eine Aufgabe mindestens - der Neugierde sein.                                                                                                  Rilke, Muzot,26.1.22

"Stellen Sie sich einen Malte vor, der in diesem für ihn so furchtbaren Paris eine Geliebte oder selbst einen Freund gehabt hätte. Wäre er dann wohl je so tief in das Vertrauen der Dinge eingetreten?"
                                       Rilke, Muzot, 1921

                                                    30.10.62(UB)
                                                
Du, willst Du mit mir gehn, an meiner Seite, immer ein wenig zurücktretend, damit Du nichts verdeckst, nichts von dem kalten Blau, nichts von dem feuchten Grau: die ganze Weite, die ganze Nähe will ich.
                                                         4.Nov.
"Er (Aaron) soll dein Mund sein, und du sollst für ihn an Gottes Stelle stehn"   exod.4.16

                                                          5. .Nov. nachts

Ce sont des choses mesquines - en certain sens - qui font le plus souvent nos mélancolies, nos tristesses. Et il n'y a pas de différence entre nos propres malheurs et l'infortune de l'homme que l'on aime. C'est toujours le même ciel sombre, qui tombe dans notre vie.

continua! weiter diario II

Freitag, 12. November 2010

Abwehr

Nein!
Schluss jetzt!
nie mehr!
weg!
ich will nicht mehr
ich kann nicht mehr
diese Szenerie von Hieronymus Bosch
mit Jagd und Krücken
und eisigen Panzern
Masken
unversehens
finde ich mich
in einem Fisch auf dem Trockenen
aufgeschmissen.
                                                                Johannes Keiner

Freitag, 5. November 2010

auf der Herbstreise


Posted by Picasa

Ja, so sieht es aus: weit ist Mann schon gekommen, viel liegt hinter ihm, aber vor ihm? unendlich viel. Fragen und Fehler, die Mann machen kann, z.B. sich als Leser beim eigenen Blog anmelden, dabei es nicht schaffen, sich als Leser bei anderen anzumelden und das Bild hinzuzufügen. dabei ist das sicher irgendwo als Strandgut in einem der vielen Materialien und Hinweise versteckt, aber finden! Irgendwann, ja. dabei liegen die eigentlichen Fragen noch vor mir; ich muss noch weiter gehen, um diese stellen zu können.
und so weiter
Jo - Keiner

Mittwoch, 27. Oktober 2010

Reflexionen am Morgen

Am Fenster sitzen, die Autos fahren sehen, manchmal läuft ein Mensch vorbei. Was solls! Musik hören? Musik machen? mit der Geige, der Gitarre? Schreiben,schreiben,schreiben! Mit fünf Stunden Schlaf? Alle sollens wissen.
Dabei geschieht, während ich hier sitze und schreibe, in der Welt so so so viel - und dazu sage ich nichts?

Ein ander Mal. Vielleicht. Worte fallen so schwer wie Steine, behauen und aufgebaut, sichtbar. Ich komme nicht dran vorbei - aber vielleicht durch, mitten hindurch. Ich wills probieren.